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Stillschweigen. Dann stand er entschlossen auf und griff nach Hut und Stock.

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10 «Ich danke Ihnen, Lisaweta Iwanowna; nun kann ich getrost nach Hause gehn. Ich bin erledigt

 

V

 

1 Gegen den Herbst sagte Tonio Kröger zu Lisaweta Iwanowna:

2 «Ja, ich verreise nun, Lisaweta; ich muss mich auslüften (проветриться), ich mache mich fort (sich fortmachen – поспешно удалиться, убраться /разг./), ich suche das Weite (сбегаю, ищу спасения в бегстве).»

3 «Nun, wie denn, Väterchen, geruhen Sie (соизволите, соблаговолите) wieder nach Italien zu fahren?»

4 «Gott, gehen Sie mir doch mit Italien, Lisaweta! Italien ist mir bis zur Verachtung gleichgültig! Das ist lange her (давно это было, прошли те времена), dass ich mir einbildete (воображал), dorthin zu gehören (что должен жить там: «что отношусь к ней = являюсь частью ее»). Kunst, nicht wahr? Sammetblauer (бархатно-голубое) Himmel, heißer Wein und süße Sinnlichkeit (сладостная чувственность)... Kurzum, ich mag das nicht. Ich verzichte. Die ganze bellezza (красота, красивость / итал./) macht mich nervös. Ich mag auch alle diese fürchterlich lebhaften (ужасно живые, оживленные) Menschen dort unten mit dem schwarzen Tierblick nicht leiden. Diese Romanen (романские народы) haben kein Gewissen in den Augen... Nein, ich gehe nun ein bisschen nach Dänemark.»

5 «Nach Dänemark?»

6 «Ja. Und ich verspreche mir Gutes davon (это будет для меня полезно, жду от этого много хорошего). Ich bin aus Zufall noch niemals hinaufgelangt (случайно /так получилось, что/ еще ни разу туда не добирался; gelangen – попадать /куда- либо/, прибывать, добираться), so nah ich (хотя я был очень близко: «как /ни/ был я близко») während meiner ganzen Jugend der Grenze war, und dennoch habe ich das Land von jeher (издавна) gekannt und geliebt. Ich muss wohl diese nördliche Neigung (склонность, симпатия) von meinem Vater haben, denn meine Mutter war doch eigentlich mehr für (больше любила) die bellezza, sofern ihr nämlich nicht alles ganz einerlei war (насколько, если только ей вообще не было все совершенно безразлично). Aber nehmen Sie die Bücher, die dort oben geschrieben werden, diese tiefen, reinen und humoristischen Bücher, Lisaweta, – es geht mir nichts darüber (я их ценю, они мне нравятся больше любых других; что может быть лучше их), ich liebe sie. Nehmen Sie die skandinavischen Mahlzeiten (кушанья), diese unvergleichlichen (ни с чем не сравнимые) Mahlzeiten, die man nur in einer starken Salzluft verträgt (которые переносятся только в насквозь просоленном воздухе) (ich weiß nicht, ob ich sie überhaupt noch vertrage) und die ich von Hause aus ein wenig kenne, denn man isst schon ganz so bei mir zu Hause. Nehmen Sie auch nur die Namen, die Vornahmen, mit denen die Leute dort oben geschmückt sind und von denen es ebenfalls schon viele bei mir zu Hause gibt, einen Laut (звучание: «звук») wie 'Ingeborg', ein Harfenschlag makellosester Poesie (взятый на арфе звук безупречнейшей поэзии; der Makel – пятно, позор; недостаток, изъян). Und dann die See, – Sie haben die Ostsee dort oben!... Mit einem Worte, ich fahre hinauf, Lisaweta. Ich will die Ostsee wiedersehen, will diese Vornahmen wieder hören, diese Bücher an Ort und Stelle (на месте /их возникновения/) lesen; ich will auch auf der Terrasse von Kronborg (замок Кронборг – резиденция датских королей близ Копенгагена, построен в 16-ом веке) stehen, wo der 'Geist' zu Hamlet kam und Not und Tod über den armen, edlen jungen Menschen brachte...»

7 «Wie fahren Sie, Tonio, wenn ich fragen darf? Welche Route nehmen Sie?»

8 «Die übliche», sagte er achselzuckend und errötete deutlich. «Ja, ich berühre

(коснусь, затрону) meine – meinen Ausgangspunkt (исходную точку; /Тонио хотел сначала сказать meine Heimatstadt/), Lisaweta, nach dreizehn Jahren, und das kann ziemlich komisch werden.»

9 Sie lächelte.

10 «Das ist es, was ich hören wollte, Tonio Kröger. Und also fahren Sie mit Gott. Versäumen (пропускать, прогуливать; упустить) Sie auch nicht, mir zu schreiben, hören Sie? Ich verspreche mir einen erlebnisvollen Brief von Ihrer Reise nach – Dänemark...»

 

1 Gegen den Herbst sagte Tonio Kröger zu Lisaweta Iwanowna:

2 «Ja, ich verreise nun, Lisaweta; ich muss mich auslüften, ich mache mich fort, ich suche das Weite.»

3 «Nun, wie denn, Väterchen, geruhen Sie wieder nach Italien zu fahren?»

4 «Gott, gehen Sie mir doch mit Italien, Lisaweta! Italien ist mir bis zur Verachtung gleichgültig! Das ist lange her, dass ich mir einbildete, dorthin zu gehören. Kunst, nicht wahr? Sammetblauer Himmel, heißer Wein und süße Sinnlichkeit... Kurzum, ich mag das nicht. Ich verzichte. Die ganze bellezza macht mich nervös. Ich mag auch alle diese fürchterlich lebhaften Menschen dort unten mit dem schwarzen Tierblick nicht leiden. Diese Romanen haben kein Gewissen in den Augen... Nein, ich gehe nun ein bisschen nach Dänemark.»

5 «Nach Dänemark?»

6 «Ja. Und ich verspreche mir Gutes davon. Ich bin aus Zufall noch niemals hinaufgelangt, so nah ich während meiner ganzen Jugend der Grenze war, und dennoch habe ich das Land von jeher gekannt und geliebt. Ich muss wohl diese nördliche Neigung von meinem Vater haben, denn meine Mutter war doch eigentlich mehr für die bellezza, sofern ihr nämlich nicht alles ganz einerlei war. Aber nehmen Sie die Bücher, die dort oben geschrieben werden, diese tiefen, reinen und humoristischen Bücher, Lisaweta, – es geht mir nichts darüber, ich liebe sie. Nehmen Sie die skandinavischen Mahlzeiten, diese unvergleichlichen Mahlzeiten, die man nur in einer starken Salzluft verträgt (ich weiß nicht, ob ich sie überhaupt noch vertrage) und die ich von Hause aus ein wenig kenne, denn man isst schon ganz so bei mir zu Hause. Nehmen Sie auch nur die Namen, die Vornahmen, mit denen die Leute dort oben geschmückt sind und von denen es ebenfalls schon viele bei mir zu Hause gibt, einen Laut wie 'Ingeborg', ein Harfenschlag makellosester Poesie. Und dann die See, – Sie haben die Ostsee dort oben!... Mit einem Worte, ich fahre hinauf, Lisaweta. Ich will die Ostsee wiedersehen, will diese Vornahmen wieder hören, diese Bücher an Ort und Stelle lesen; ich will auch auf der Terrasse von Kronborg stehen, wo der 'Geist' zu Hamlet kam und Not und Tod über den armen, edlen jungen Menschen brachte...»

7 «Wie fahren Sie, Tonio, wenn ich fragen darf? Welche Route nehmen Sie?»

8 «Die übliche», sagte er achselzuckend und errötete deutlich. «Ja, ich berühre meine – meinen Ausgangspunkt, Lisaweta, nach dreizehn Jahren, und das kann ziemlich komisch werden.»

9 Sie lächelte.

10 «Das ist es, was ich hören wollte, Tonio Kröger. Und also fahren Sie mit Gott. Versäumen Sie auch nicht, mir zu schreiben, hören Sie? Ich verspreche mir einen erlebnisvollen Brief von Ihrer Reise nach – Dänemark...»

 

VI

 

1 Und Tonio Kröger fuhr gen (по направлению /поэт./) Norden. Er fuhr mit Komfort (denn er pflegte zu sagen, dass jemand, der es innerlich so viel schwerer hat als andere Leute, gerechten Anspruch auf ein wenig äußeres Behagen habe), und er rastete nicht eher (отсановился, сделал передышку, привал не раньше), als bis die Türme der engen Stadt, vor der er ausgegangen war, sich vor ihm in die graue Luft erhoben. Dort nahm er einen kurzen, seltsamen Aufenthalt (остановился; der Aufenthalt – пребывание)...

2 Ein trüber Nachmittag ging schon in den Abend über, als der Zug in die schmale, verräucherte (прокопченный), so wunderlich vertraute Halle (так удивительно знакомый вокзал) einfuhr; noch immer ballte sich (скапливался; sich ballen – сжиматься, слипаться /в ком/) unter dem schmutzigen Glasdach der Qualm in Klumpen (дым клубами; der Klumpen – глыба, кусок, сгусток) zusammen und zog in gedehnten Fetzen (растянутыми лохмотьями, клочьями) hin und wider, wie damals, als Tonio Kröger, nichts als Spott im Herzen, von hier gefahren war. – Er versorgte sein Gepäck (получил свой багаж; versorgen – снабжать; обеспечить, позаботиться), ordnete an (велел), dass es ins Hotel geschafft werde, und verließ den Bahnhof.

3 Das waren die zweispännigen (пароконные; spannen – запрягать), schwarzen, unmäßig hohen und breiten Droschken (пролетки) der Stadt, die draußen in einer Reihe standen! Er nahm keine davon; er sah sie nur an, wie er alles ansah, die schmalen Giebel und spitzen Türme, die über die nächsten Dächer herübergrüßten, die blonden und lässigplumpen (небрежно-неуклюжие; lässig – небрежный; медлительный, вялый; plump – громоздкий; неуклюжий) Menschen mit ihrer breiten und dennoch rapiden Redeweise (с их протяжной и все же, одновременно быстрой манерой говорить; rapíde – быстрый, стремительный) rings um ihn her, und ein nervöses Gelächter stieg in ihm auf, das eine heimliche Verwandtschaft mit Schluchzen (всхлипывание) hatte. – Er ging zu Fuß, ging langsam, den unablässigen Druck (непрекращающееся, непрерывное давление; ablassen /von jemand/ – оставлять в покое) des feuchten Windes im Gesicht, über die Brücke, an deren Geländer mythologische Statuen standen, und eine Strecke am Hafen entlang.

 

1 Und Tonio Kröger fuhr gen Norden. Er fuhr mit Komfort (denn er pflegte zu sagen, dass jemand, der es innerlich so viel schwerer hat als andere Leute, gerechten Anspruch auf ein wenig äußeres Behagen habe), und er rastete nicht eher, als bis die Türme der engen Stadt, vor der er ausgegangen war, sich vor ihm in die graue Luft erhoben. Dort nahm er einen kurzen, seltsamen Aufenthalt...

2 Ein trüber Nachmittag ging schon in den Abend über, als der Zug in die schmale, verräucherte, so wunderlich vertraute Halle einfuhr; noch immer ballte sich unter dem schmutzigen Glasdach der Qualm in Klumpen zusammen und zog in gedehnten Fetzen hin und wider, wie damals, als Tonio Kröger, nichts als Spott im Herzen, von hier gefahren war. – Er versorgte sein Gepäck, ordnete an, dass es ins Hotel geschafft werde, und verließ den Bahnhof.s Tonio Kröger, nichts als Spott im Herzen, von hier gefahren war. – Er versorgte sein Gepäck, ordnete an, dass es ins Hotel geschafft werde, und verließ den Bahnhof.

3 Das waren die zweispännigen, schwarzen, unmäßig hohen und breiten Droschken der Stadt, die draußen in einer Reihe standen! Er nahm keine davon; er sah sie nur an, wie er alles ansah, die schmalen Giebel und spitzen Türme, die über die nächsten Dächer herübergrüßten, die blonden und lässigplumpen Menschen mit ihrer breiten und dennoch rapiden Redeweise rings um ihn her, und ein nervöses Gelächter stieg in ihm auf, das eine heimliche Verwandtschaft mit Schluchzen hatte. – Er ging zu Fuß, ging langsam, den unablässigen Druck des feuchten Windes im Gesicht, über die Brücke, an deren Geländer mythologische Statuen standen, und eine Strecke am Hafen entlang.

 

1 Großer Gott, wie winzig und winklig (каким крошечным и кривым: «угловатым, извилистым») das Ganze erschien! Waren hier in all der Zeit die schmalen Giebelgassen so putzig (забавно, смешно, уморительно) steil (круто) zur Stadt emporgestiegen (поднимались ввысь)? Die Schornsteine (трубы) und Maste der Schiffe schaukelten leise in Wind und Dämmerung (в сумерках) auf dem trüben Flusse. Sollte er jene Straße hinaufgehen, die dort, an der das Haus lag, das er im Sinne hatte? Nein, morgen. Er war so schläfrig jetzt. Sein Kopf war schwer von der Fahrt, und langsame, nebelhafte Gedanken zogen ihm durch den Sinn.

2 Zuweilen in diesen dreizehn Jahren, wenn sein Magen verdorben gewesen war (когда у него бывал не в порядке желудок), hatte ihm geträumt, dass er wieder daheim (дома) sei in dem alten, hallenden (гулком; hallen – звучать, /гулко/ раздаваться) Haus an der schrägen Gasse, dass auch sein Vater wieder da sei und ihn hart anlasse (напускается, набрасывается на него; jemand hart anlassen – грубо наброситься, напуститься на кого-либо /высок./) wegen seiner entarteten Lebensführung (из-за его неподобающего образа жизни; entartet – выродившийся, порочный), was er jedesmal sehr in der Ordnung gefunden hatte. Und diese Gegenwart nun unterschied sich durch nichts (и это настоящее = окружающая его теперь действительность ничем не отличалась) von einem dieser betörenden (от одного из тех очаровывающих, завораживающих; betören – обвораживать, очаровывать, пленять; der Tor – глупец) und unzerreißbaren Traumgespinste (и неразрываемых сновидческих плетений; das Gespinst – пряжа; сплетение, паутина; spinnen – прясть), in denen man sich fragen kann, ob dies Trug oder Wirklichkeit (обман, кажущееся или явь, действительность; der Trug: Lug und Trug – сплошной обман; betrügen – обманывать, мошенничать) ist, und sich notgedrungen (поневоле) mit Überzeugung (с убеждением = уверенно, убежденно) für das Letztere entscheidet (решаешь, что последнее), um dennoch am Ende zu erwachen (чтобы, однако, в конце концов проснуться = и все равно затем просыпаешься)... Er schritt durch die wenig belebten, zugigen (открытые для сквозняка, продуваемые сквозняком; es zieht – сквозит; die Zugluft – сквозняк) Straßen, hielt den Kopf gegen den Wind gebeugt und schritt wie schlafwandelnd (как лунатик; wandeln – ходить, бродить, шествовать /высок./) in der Richtung des Hotels, des ersten der Stadt, wo er übernachten wollte. Ein krummbeiniger (кривоногий) Mann mit einer Stange (с шестом), an deren Spitze ein Feuerchen brannte, ging mit wiegendem (покачивающимся) Matrosenschritt vor ihm her und zündete die Gaslaternen an (зажигал газовые фонари).

3 Wie war ihm doch? Was war das alles, was unter der Asche seiner Müdigkeit (под пеплом его усталости), ohne zur klaren Flamme zu werden, so dunkel und schmerzlich glomm (тлело, теплилось: glimmen)? Still, still und kein Wort! Keine Worte! Er wäre gern lange so dahingegangen (шел бы просто вперед, без цели), im Wind durch die dämmerigen, traumhaft vertrauten Gassen (по сумеречным, сказочно, как во сне знакомым улицам). Aber alles war so eng und nah beieinander. Gleich war man am Ziel (куда ни пойдешь – как уже пришел, рукой подать до любого места).

 

1 Großer Gott, wie winzig und winklig das Ganze erschien! Waren hier in all der Zeit die schmalen Giebelgassen so putzig steil zur Stadt emporgestiegen? Die Schornsteine und Maste der Schiffe schaukelten leise in Wind und Dämmerung auf dem trüben Flusse. Sollte er jene Straße hinaufgehen, die dort, an der das Haus lag, das er im Sinne hatte? Nein, morgen. Er war so schläfrig jetzt. Sein Kopf war schwer von der Fahrt, und langsame, nebelhafte Gedanken zogen ihm durch den Sinn.

2 Zuweilen in diesen dreizehn Jahren, wenn sein Magen verdorben gewesen war, hatte ihm geträumt, dass er wieder daheim sei in dem alten, hallenden Haus an der schrägen Gasse, dass auch sein Vater wieder da sei und ihn hart anlasse wegen seiner entarteten Lebensführung, was er jedesmal sehr in der Ordnung gefunden hatte. Und diese Gegenwart nun unterschied sich durch nichts von einem dieser betörenden und unzerreißbaren Traumgespinste, in denen man sich fragen kann, ob dies Trug oder Wirklichkeit ist, und sich notgedrungen mit Überzeugung für das Letztere entscheidet, um dennoch am Ende zu erwachen... Er schritt durch die wenig belebten, zugigen Straßen, hielt den Kopf gegen den Wind gebeugt und schritt wie schlafwandelnd in der Richtung des Hotels, des ersten der Stadt, wo er übernachten wollte. Ein krummbeiniger Mann mit einer Stange, an deren Spitze ein Feuerchen brannte, ging mit wiegendem Matrosenschritt vor ihm her und zündete die Gaslaternen an.

3 Wie war ihm doch? Was war das alles, was unter der Asche seiner Müdigkeit, ohne zur klaren Flamme zu werden, so dunkel und schmerzlich glomm? Still, still und kein Wort! Keine Worte! Er wäre gern lange so dahingegangen, im Wind durch die dämmerigen, traumhaft vertrauten Gassen. Aber alles war so eng und nah beieinander. Gleich war man am Ziel.

 

1 In der oberen Stadt gab es Bogenlampen (дуговые фонари; der Bogen – дуга), und eben erglühten sie (разгорелись, вспыхнули). Da war das Hotel, und es waren die beiden schwarzen Löwen, die davor lagen und vor denen er sich als Kind gefürchtet hatte. Noch immer blickten sie mit einer Miene, als wollten sie niesen (чихнуть), einander an; aber sie schienen viel kleiner geworden seit damals. – Tonio Kröger ging zwischen ihnen hindurch.

2 Da er zu Fuß kam, wurde er ohne viel Feierlichkeit empfangen (без особого почета: «торжественности»). Der Portier und ein sehr feiner, schwarzgekleideter Herr, welcher die Honneurs machte (который встречал новых постояльцев; jemandem die Honneurs /des Hauses/ machen – встречать, принимать гостей; оказывать почести кому-либо /устар. франц./) und beständig mit den kleinen Fingern seine Manschetten in die Ärmel zurückstieß, musterten ihn prüfend und wägend (испытуя и взвешивая) vom Scheitel (der Scheitel – темя, макушка) bis zu den Stiefeln, sichtlich bestrebt (явно стремясь: «будучи устремлен»), ihn gesellschaftlich ein wenig zu bestimmen (хотя бы приблизительно определить его общественное положение), ihn hierarchisch und bürgerlich unterzubringen (разместить, распределить) und ihm einen Platz in ihrer Achtung anzuweisen (и указать ему место, которое он может занять в их уважении), ohne doch zu einem beruhigenden Ergebnis gelangen zu können (но ему не удалось прийти: «достичь, добраться» к какому-нибудь успокоительному выводу), weshalb sie sich für eine gemäßigte Höflichkeit entschieden (избрали умеренную вежливость). Ein Kellner, ein milder Mensch mit rotblonden Backenbartstreifen (с узкими белокурыми баками), einem altersblanken Frack (в залоснившемся от долгой носки фраке; blank – блестящий, сверкающий) und Rosetten (с розетками, бантами) auf den lautlosen Schuhen, führte ihn zwei Treppen hinauf in ein reinlich (опрятно) und altväterlich (старомодно) eingerichtetes Zimmer, hinter dessen Fenster sich im Zwielicht (в сумерках) ein pittoresker (живописный) und mittelalterlicher Ausblick auf Höfe, Giebel und die bizarren Massen (причудливые строения, формы) der Kirche eröffnete, in deren Nähe das Hotel gelegen war. Tonio Kröger stand eine Weile vor diesem Fenster; dann setzte er sich mit gekreuzten Armen auf das weitschweifige (пространный /о речи/, просторный; schweifen – блуждать, бродить) Sofa, zog seine Brauen zusammen und pfiff vor sich hin.

3 Man brachte Licht, und sein Gepäck kam. Gleichzeitig legte der milde Kellner den Meldezettel (регистрационный бланк) auf den Tisch, und Tonio Kröger malte mit seitwärts geneigten Kopfe etwas darauf, das aussah wie Name, Stand (род занятий: «сословие») und Herkunft (откуда приехал: «происхождение»). Hierauf (затем) bestellte er ein wenig Abendbrot und fuhr fort, von seinem Sofawinkel aus ins Leere zu blicken. Als das Essen vor ihm stand, ließ er es noch lange unberührt, nahm endlich ein paar Bissen und ging noch eine Stunde im Zimmer auf und ab (взад и вперед), wobei er zuweilen stehen blieb und die Augen schloss. Dann entkleidete er sich mit langsamen Bewegungen und ging zu Bette. Er schlief lange, unter verworrenen (путанные; verwirren – запутывать; wirr – запутанный) und seltsam sehnsüchtigen Träumen. –

 

1 In der oberen Stadt gab es Bogenlampen, und eben erglühten sie. Da war das Hotel, und es waren die beiden schwarzen Löwen, die davor lagen und vor denen er sich als Kind gefürchtet hatte. Noch immer blickten sie mit einer Miene, als wollten sie niesen, einander an; aber sie schienen viel kleiner geworden seit damals. – Tonio Kröger ging zwischen ihnen hindurch.

2 Da er zu Fuß kam, wurde er ohne viel Feierlichkeit empfangen. Der Portier und ein sehr feiner, schwarzgekleideter Herr, welcher die Honneurs machte und beständig mit den kleinen Fingern seine Manschetten in die Ärmel zurückstieß, musterten ihn prüfend und wägend vom Scheitel bis zu den Stiefeln, sichtlich bestrebt, ihn gesellschaftlich ein wenig zu bestimmen, ihn hierarchisch und bürgerlich unterzubringen und ihm einen Platz in ihrer Achtung anzuweisen, ohne doch zu einem beruhigenden Ergebnis gelangen zu können, weshalb sie sich für eine gemäßigte Höflichkeit entschieden. Ein Kellner, ein milder Mensch mit rotblonden Backenbartstreifen, einem altersblanken Frack und Rosetten auf den lautlosen Schuhen, führte ihn zwei Treppen hinauf in ein reinlich und altväterlich eingerichtetes Zimmer, hinter dessen Fenster sich im Zwielicht ein pittoresker und mittelalterlicher Ausblick auf Höfe, Giebel und die bizarren Massen der Kirche eröffnete, in deren Nähe das Hotel gelegen war. Tonio Kröger stand eine Weile vor diesem Fenster; dann setzte er sich mit gekreuzten Armen auf das weitschweifige Sofa, zog seine Brauen zusammen und pfiff vor sich hin.

3 Man brachte Licht, und sein Gepäck kam. Gleichzeitig legte der milde Kellner den Meldezettel auf den Tisch, und Tonio Kröger malte mit seitwärts geneigten Kopfe etwas darauf, das aussah wie Name, Stand und Herkunft. Hierauf bestellte er ein wenig Abendbrot und fuhr fort, von seinem Sofawinkel aus ins Leere zu blicken. Als das Essen vor ihm stand, ließ er es noch lange unberührt, nahm endlich ein paar Bissen und ging noch eine Stunde im Zimmer auf und ab, wobei er zuweilen stehen blieb und die Augen schloss. Dann entkleidete er sich mit langsamen Bewegungen und ging zu Bette. Er schlief lange, unter verworrenen und seltsam sehnsüchtigen Träumen. –

 

1 Als er erwachte, sah er sein Zimmer von hellem Tage erfüllt. Verwirrt und hastig besann er sich (припомнил; sich besinnen – припомнить, прийти в себя), wo er sei, und machte sich auf (отправился, пошел; sich aufmachen – отправляться /в путь/), um die Vorhänge zu öffnen (открыть шторы). Des Himmels schon ein wenig blasses Spätsommer-Blau war von dünnen, vom Wind zerzupften (раздерганными; zupfen – дергать, теребить, щипать) Wolkenfetzchen (клочками облаков; der Fetzen – лоскут, клок, клочок) durchzogen; aber die Sonne schien über seiner Vaterstadt.

2 Er wandte noch mehr Sorgfalt auf seine Toilette (занялся с большей тщательностью своим туалетом) als gewöhnlich, wusch und rasierte sich aufs Beste (как можно лучше, тщательнейше) und machte sich so frisch und reinlich, als habe er einen Besuch in gutem, korrektem Hause vor, wo es gelte (где обязательно нужно, необходимо; es gilt /etwas zu machen/ – необходимо /что-либо сделать/), einen schmucken und untadelhaften Eindruck zu machen (произвести приятное и безукоризненное впечатление; schmuck – нарядный, красивый, пригожий /устар./); und während der Hantierungen des Ankleidens (пока одевался, возясь с одеванием, занимаясь одеванием; hantieren – хлопотать /напр. у плиты/, заниматься, обращаться, возиться; die Hantierung – обращение /с чем-либо/, возня) horchte er auf das ängstliche Pochen seines Herzens (прислушивался к боязливому биению своего сердца).

3 Wie hell es draußen war! Er hätte sich wohler gefühlt, wenn, wie gestern, Dämmerung in den Straßen gelegen hätte; nun aber sollte er unter den Augen der Leute durch den klaren Sonnenschein gehen. Würde er auf Bekannte stoßen, angehalten, befragt werden und Rede stehen müssen (вынужден ли будет отчитываться, давать отчет, объяснение, держать ответ), wie er diese dreizehn Jahre verbracht? Nein, gottlob (слава Богу), es kannte ihn keiner mehr, und wer sich seiner erinnerte, würde ihn nicht erkennen, denn er hatte sich wirklich ein wenig verändert unterdessen (тем временем, между тем). Er betrachtete sich aufmerksam im Spiegel, und plötzlich fühlte er sich sicherer hinter seiner Maske, hinter seinem früh durcharbeiteten Gesicht, das älter als seine Jahre war... Er ließ Frühstück kommen und ging dann aus, ging unter den abschätzenden (оценивающими) Blicken des Portiers und des feinen Herrn in Schwarz durch das Vestibül und zwischen den beiden Löwen hindurch ins Freie (на улицу, на воздух).

 

1 Als er erwachte, sah er sein Zimmer von hellem Tage erfüllt. Verwirrt und hastig besann er sich, wo er sei, und machte sich auf, um die Vorhänge zu öffnen. Des Himmels schon ein wenig blasses Spätsommer-Blau war von dünnen, vom Wind zerzupften Wolkenfetzchen durchzogen; aber die Sonne schien über seiner Vaterstadt.

2 Er wandte noch mehr Sorgfalt auf seine Toilette als gewöhnlich, wusch und rasierte sich aufs Beste und machte sich so frisch und reinlich, als habe er einen Besuch in gutem, korrektem Hause vor, wo es gelte, einen schmucken und untadelhaften Eindruck zu machen; und während der Hantierungen des Ankleidens horchte er auf das ängstliche Pochen seines Herzens.

3 Wie hell es draußen war! Er hätte sich wohler gefühlt, wenn, wie gestern, Dämmerung in den Straßen gelegen hätte; nun aber sollte er unter den Augen der Leute durch den klaren Sonnenschein gehen. Würde er auf Bekannte stoßen, angehalten, befragt werden und Rede stehen müssen, wie er diese dreizehn Jahre verbracht? Nein, gottlob, es kannte ihn keiner mehr, und wer sich seiner erinnerte, würde ihn nicht erkennen, denn er hatte sich wirklich ein wenig verändert unterdessen. Er betrachtete sich aufmerksam im Spiegel, und plötzlich fühlte er sich sicherer hinter seiner Maske, hinter seinem früh durcharbeiteten Gesicht, das älter als seine Jahre war... Er ließ Frühstück kommen und ging dann aus, ging unter den abschätzenden Blicken des Portiers und des feinen Herrn in Schwarz durch das Vestibül und zwischen den beiden Löwen hindurch ins Freie.

 

1 Wohin ging er? Er wusste es kaum. Es war wie gestern. Kaum dass er sich wieder von diesem wunderlich würdigen und urvertrauten (издавна, спокон веку знакомый) Beieinander von Giebeln, Türmchen, Arkaden, Brunnen umgeben sah, kaum dass er den Druck des Windes, des starken Windes, der ein zartes und herbes Aroma aus fernen Träumen mit sich führte, wieder im Angesicht spürte, als es sich ihm wie Schleier und Nebelgespinst um die Sinne legte... Die Muskeln seines Gesichtes spannten sich ab (расслабились); und mit stille gewordenem Blick betrachtete er Menschen und Dinge. Vielleicht, dass er doch, an jener Straßenecke, dennoch erwachte...

2 Wohin ging er? Ihm war, als stehe die Richtung, die er einschlug (избрал; eine Richtung einschlagen – идти в каком-либо направлении; einschlagen – забить), in einem Zusammenhange (/находится/ в како-то связи) mit seinen traurigen und seltsam reuevollen (странно покаянными; es reut mich – я раскаиваюсь в этом; reuvoll – полный раскаяния) Träumen zur Nacht... Auf den Markt ging er, unter den Bogengewölben (под аркадами; das Gewölbe – свод) des Rathauses hindurch, wo Fleischer mit blutigen Händen ihre Ware wogen, auf den Marktplatz, wo hoch, spitzig und vielfach der gotische Brunnen stand. Dort blieb er vor einem Hause stehen, einem schmalen und schlichten (скромный, невзрачный), gleich anderen mehr (похожим на все остальные), mit einem geschwungenen (изогнутым, дугообразным; schwingen – махать, размахивать; качать/ся/; вскочить), durchbrochenen (сквозным, с просветами; durchbrechen – проламывать) Giebel (с высоким резным фронтоном), und versank in dessen Anblick (и углубился в созерцание его). Er las das Namensschild an der Tür und ließ seine Augen ein Weilchen auf jedem der Fenster ruhen. Dann wandte er sich langsam zum Gehen.

3 Wohin ging er? Heimwärts (по направлению к /родному/ дому, домой). Aber er nahm einen Umweg (сделал крюк, пошел в обход), machte einen Spaziergang vors Tor hinaus (за городские ворота), weil er Zeit hatte. Er ging über den Mühlenwall und den Holstenwall und hielt seinen Hut fest vor dem Winde, der in den Bäumen rauschte und knarrte. Dann verließ er die Wallanlagen unfern des Bahnhofes, sah einen Zug mit plumper Eilfertigkeit vorüberpuffen, zählte zum Zeitvertreib die Wagen und blickte dem Manne nach, der zuhöchst auf dem allerletzten saß. Aber am Lindenplatze machte er vor einer der hübschen Villen halt (остановился: haltmachen), die dort standen, spähte (всматривался) lange in den Garten und zu den Fenstern hinauf und verfiel am Ende darauf, die Gatterpforte in ihren Angeln hin- und herzuschlenkern, so dass es kreischte. Dann betrachtete er eine Weile seine Hand, die kalt und rostig geworden war, und ging weiter, ging durch das alte, untersetzte Tor, am Hafen entlang und die steile zugige Gasse hinauf zum Haus seiner Eltern.

4 Es stand, eingeschlossen (зажатый: «заключенный /между/») von den Nachbarhäusern, die sein Giebel überragte (превышал), grau und ernst wie seit dreihundert Jahren, und Tonio Kröger las den frommen Spruch (благочестивое реченье), der in halbverwischten Lettern (полустершимися буквами, литерами; die Letter – литера, буква /полигр./) über dem Eingang stand. Dann atmete er auf und ging hinein.

 

1 Wohin ging er? Er wusste es kaum. Es war wie gestern. Kaum dass er sich wieder von diesem wunderlich würdigen und urvertrauten Beieinander von Giebeln, Türmchen, Arkaden, Brunnen umgeben sah, kaum dass er den Druck des Windes, des starken Windes, der ein zartes und herbes Aroma aus fernen Träumen mit sich führte, wieder im Angesicht spürte, als es sich ihm wie Schleier und Nebelgespinst um die Sinne legte... Die Muskeln seines Gesichtes spannten sich ab; und mit stille gewordenem Blick betrachtete er Menschen und Dinge. Vielleicht, dass er doch, an jener Straßenecke, dennoch erwachte...

2 Wohin ging er? Ihm war, als stehe die Richtung, die er einschlug, in einem Zusammenhange mit seinen traurigen und seltsam reuevollen Träumen zur Nacht... Auf den Markt ging er, unter den Bogengewölben des Rathauses hindurch, wo Fleischer mit blutigen Händen ihre Ware wogen, auf den Marktplatz, wo hoch, spitzig und vielfach der gotische Brunnen stand. Dort blieb er vor einem Hause stehen, einem schmalen und schlichten, gleich anderen mehr, mit einem geschwungenen, durchbrochenen Giebel, und versank in dessen Anblick. Er las das Namensschild an der Tür und ließ seine Augen ein Weilchen auf jedem der Fenster ruhen. Dann wandte er sich langsam zum Gehen.

3 Wohin ging er? Heimwärts. Aber er nahm einen Umweg, machte einen Spaziergang vors Tor hinaus, weil er Zeit hatte. Er ging über den Mühlenwall und den Holstenwall und hielt seinen Hut fest vor dem Winde, der in den Bäumen rauschte und knarrte. Dann verließ er die Wallanlagen unfern des Bahnhofes, sah einen Zug mit plumper Eilfertigkeit vorüberpuffen, zählte zum Zeitvertreib die Wagen und blickte dem Manne nach, der zuhöchst auf dem allerletzten saß. Aber am Lindenplatze machte er vor einer der hübschen Villen halt, die dort standen, spähte lange in den Garten und zu den Fenstern hinauf und verfiel am Ende darauf, die Gatterpforte in ihren Angeln hin- und herzuschlenkern, so dass es kreischte. Dann betrachtete er eine Weile seine Hand, die kalt und rostig geworden war, und ging weiter, ging durch das alte, untersetzte Tor, am Hafen entlang und die steile zugige Gasse hinauf zum Haus seiner Eltern.

4 Es stand, eingeschlossen von den Nachbarhäusern, die sein Giebel überragte, grau und ernst wie seit dreihundert Jahren, und Tonio Kröger las den frommen Spruch, der in halbverwischten Lettern über dem Eingang stand. Dann atmete er auf und ging hinein.

 

1 Sein Herz schlug ängstlich, denn er gewärtigte (gewärtigen – ожидать /чего-либо/, быть готовым /к чему-либо//высок./), sein Vater könnte aus einer der Türen zu ebener Erde (на уровне земли, без крыльца), an denen er vorüberschritt, hervortreten, im Kontorrock und die Feder hinterm Ohr, ihn anhalten und ihn wegen seines extravaganten Lebens streng zur Rede stellen (требовать объяснения, распекать), was er sehr in der Ordnung gefunden hätte. Aber er gelangte unbehelligt vorbei (но он прошел мимо, никем не остановленный; j-n unbehelligt lassen – оставлять кого-либо в покое, не трогать). Die Windfangtür (дверь с тамбуром, дверь тамбура) war nicht geschlossen, sondern nur angelehnt (притворена), was er als tadelnswert (достойно порицания, предосудительно; die Tadel – порицание; tadeln – порицать, осуждать) empfand, während ihm gleichzeitig zumute war wie in gewissen leichten Träumen, in denen die Hindernisse (das Hindernis – препятствие, помеха) von selbst vor einem weichen (сами собой поддаются, расступаются; weichen – уклоняться, уступать) und man, von wunderbarem Glück begünstigt (begünstigen – содействовать, благоприятствовать, покровительствовать), ungehindert (беспрепятственно) vorwärts dringt... Die weite Diele (сени), mit großen, viereckigen Steinfliesen gepflastert (мощенные четырехугольными каменными плитами; das Viereck – четырехугольник; die Fliese – плитка), widerhallte (отзывались /эхом/) von seinen Schritten. Der Küche gegenüber, in der es still war, sprangen wie vor alters (как встарь) in beträchtlicher Höhe (на значительной /большой, немалой/ высоте) die seltsamen, plumpen, aber reinlich lackierten Holzgelasse (das Gelass – небольшое помещение, комната, каморка) aus der Wand hervor, die Mägdekammern (комнаты горничных), die nur durch eine Art freiliegender Stiege (по наружной лестнице) von der Diele aus zu erreichen waren. Aber die großen Schränke und die geschnitzte Truhe (резной ларь) waren nicht mehr da, die hier gestanden hatten... Der Sohn des Hauses beschritt die gewaltige Treppe und stützte sich mit der Hand auf das weißlackierte, durchbrochene Holzgeländer, indem er sie bei jedem Schritte erhob und beim nächsten sacht (sacht/e/ – легко, едва заметно, тихо) wieder darauf niedersinken ließ, wie als versuche er schüchtern, ob die ehemalige Vertrautheit (интимность, близость) mit diesem alten, soliden Geländer wieder herzustellen sei... Aber auf dem Treppenabsatz (на лестничной площадке) blieb er stehen, vorm Eingang zum Zwischengeschoss (полуэтаж, антресоль). An der Tür war ein weißes Schild befestigt, auf dem in schwarzen Buchstaben zu lesen war: Volksbibliothek.

2 Volksbibliothek? dachte Tonio Kröger, denn er fand, dass hier weder das Volk noch die Literatur etwas zu suchen hatten (нечего было здесь делать, им здесь вовсе не место). Er klopfte an die Tür... Ein Herein ward laut (раздалось: Войдите), und er folgte ihm (последовал /этому приглашению/). Gespannt und finster blickte er in eine höchst unziemliche Veränderung (крайне неподобающие перемены) hinein.

 

1 Sein Herz schlug ängstlich, denn er gewärtigte, sein Vater könnte aus einer der Türen zu ebener Erde, an denen er vorüberschritt, hervortreten, im Kontorrock und die Feder hinterm Ohr, ihn anhalten und ihn wegen seines extravaganten Lebens streng zur Rede stellen, was er sehr in der Ordnung gefunden hätte. Aber er gelangte unbehelligt vorbei. Die Windfangtür war nicht geschlossen, sondern nur angelehnt, was er als tadelnswert empfand, während ihm gleichzeitig zumute war wie in gewissen leichten Träumen, in denen die Hindernisse von selbst vor einem weichen und man, von wunderbarem Glück begünstigt, ungehindert vorwärts dringt... Die weite Diele, mit großen, viereckigen Steinfliesen gepflastert, widerhallte von seinen Schritten. Der Küche gegenüber, in der es still war, sprangen wie vor alters in beträchtlicher Höhe die seltsamen, plumpen, aber reinlich lackierten Holzgelasse aus der Wand hervor, die Mägdekammern, die nur durch eine Art freiliegender Stiege von der Diele aus zu erreichen waren. Aber die großen Schränke und die geschnitzte Truhe waren nicht mehr da, die hier gestanden hatten... Der Sohn des Hauses beschritt die gewaltige Treppe und stützte sich mit der Hand auf das weißlackierte, durchbrochene Holzgeländer, indem er sie bei jedem Schritte erhob und beim nächsten sacht wieder darauf niedersinken ließ, wie als versuche er schüchtern, ob die ehemalige Vertrautheit mit diesem alten, soliden Geländer wieder herzustellen sei... Aber auf dem Treppenabsatz blieb er stehen, vorm Eingang zum Zwischengeschoss. An der Tür war ein weißes Schild befestigt, auf dem in schwarzen Buchstaben zu lesen war: Volksbibliothek.

2 Volksbibliothek? dachte Tonio Kröger, denn er fand, dass hier weder das Volk noch die Literatur etwas zu suchen hatten. Er klopfte an die Tür... Ein Herein ward laut, und er folgte ihm. Gespannt und finster blickte er in eine höchst unziemliche Veränderung hinein.

 

1 Das Geschoss (этаж, ярус) war drei Stuben tief, deren Verbindungstüren offen standen. Die Wände waren fast in ihrer ganzen Höhe mit gleichförmig gebundenen Büchern (книгами в одинаковых переплетах) bedeckt, die auf dunklen Gestellen (das Gestell – подставка; стеллаж) in langen Reihen standen. In jedem Zimmer saß hinter einer Art von Ladentisch ein dürftiger (скудный, убогий; тщедушный) Mensch und schrieb. Zwei davon wandten nur die Köpfe nach Tonio Kröger, aber der erste stand eilig auf, wobei er sich mit beiden Händen auf die Tischplatte stützte, den Kopf vorschob (вытянул вперед шею; schieben – толкать), die Lippen spitzte (сложил губы трубочкой), die Brauen emporzog und den Besucher mit eifrig (ревностный, усердный; der Eifer – рвение, усердие) zwinkernden (моргающими) Augen anblickte...

2 «Verzeihung», sagte Tonio Kröger, ohne den Blick von den vielen Büchern zu wenden. «Ich bin hier fremd, ich besichtige die Stadt. Dies ist also die Volksbibliothek? Würden Sie erlauben, dass ich mir ein wenig Einblick in die Sammlung verschaffe

(ознакомиться с собранием /книг/; der Einblick – взгляд /на что-либо/; ознакомление /с чем-либо/; verschaffen – достать, раздобыть, приобрести)?»

3 «Gern!» sagte der Beamte und zwinkerte noch heftiger... «Gewiss, das steht jedermann frei (это каждому дозволено, на это все имеют право). Wollen Sie sich nur umsehen... Ist Ihnen ein Katalog gefällig (не угодно ли Вам будет воспользоваться каталогом; gefällig – услужливый, любезный; sonst noch etwas gefällig? – не угодно ли что-нибудь еще?)?»

4 «Danke», antwortete Tonio Kröger. «Ich orientiere mich leicht.» Damit begann er, langsam an den Wänden entlangzuschreiten, indem er sich den Anschein (видимость) gab, als studiere er die Titel auf den Bücherrücken. Schließlich nahm er einen Band heraus, öffnete ihn und stellte sich damit ans Fenster.

 

1 Das Geschoss war drei Stuben tief, deren Verbindungstüren offen standen. Die Wände waren fast in ihrer ganzen Höhe mit gleichförmig gebundenen Büchern bedeckt, die auf dunklen Gestellen in langen Reihen standen. In jedem Zimmer saß hinter einer Art von Ladentisch ein dürftiger Mensch und schrieb. Zwei davon wandten nur die Köpfe nach Tonio Kröger, aber der erste stand eilig auf, wobei er sich mit beiden Händen auf die Tischplatte stützte, den Kopf vorschob, die Lippen spitzte, die Brauen emporzog und den Besucher mit eifrig zwinkernden Augen anblickte...

2 «Verzeihung», sagte Tonio Kröger, ohne den Blick von den vielen Büchern zu wenden. «Ich bin hier fremd, ich besichtige die Stadt. Dies ist also die Volksbibliothek? Würden Sie erlauben, dass ich mir ein wenig Einblick in die Sammlung verschaffe?»

3 «Gern!» sagte der Beamte und zwinkerte noch heftiger... «Gewiss, das steht jedermann frei. Wollen Sie sich nur umsehen... Ist Ihnen ein Katalog gefällig?»

4 «Danke», antwortete Tonio Kröger. «Ich orientiere mich leicht.» Damit begann er, langsam an den Wänden entlangzuschreiten, indem er sich den Anschein gab, als studiere er die Titel auf den Bücherrücken. Schließlich nahm er einen Band heraus, öffnete ihn und stellte sich damit ans Fenster.

 

1 Hier war das Frühstückszimmer gewesen. Man hatte hier morgens gefrühstückt, nicht droben im großen Esssaal, wo aus der blauen Tapete weiße Götterstatuen hervortraten... Das dort hatte als Schlafzimmer gedient. Seines Vaters Mutter war dort gestorben, so alt sie war (несмотря на свой преклонный возраст), unter schweren Kämpfen (тяжело борясь /со смертью/), denn sie war eine genussfrohe (жизнерадостная: «любящая наслаждения, удовольствия»; der Genuss – наслаждение, отрада) Weltdame (светская дама) und hing am Leben (любила жизнь, была привязана к жизни). Und später hatte dort sein Vater selbst den letzten Seufzer (вздох) getan, der lange, korrekte, ein wenig wehmütige und nachdenkliche Herr mit der Feldblume im Knopfloch... Tonio hatte am Fußende seines Sterbebettes (в ногах его смертного одра) gesessen, mit heißen Augen, ehrlich und gänzlich hingegeben (отдавшись) an ein stummes und starkes Gefühl, an Liebe und Schmerz. Und auch seine Mutter hatte am Lager (das Lager – ложе, постель) gekniet, seine schöne feurige Mutter, ganz aufgelöst in heißen Tränen (изливаясь горючими слезами; ganz aufgelöst sein – расстраиваться, быть вне себя; auflösen – развязывать, распускать; растворять); worauf sie mit dem südlichen Künstler in blaue Fernen gezogen war... Aber dort hinten, das kleinere, dritte Zimmer, nun ebenfalls ganz mit Büchern angefüllt, die ein dürftiger Mensch bewachte, war lange Jahre hindurch (в течение долгих лет) sein eigenes gewesen. Dorthin war er nach der Schule heimgekehrt, nachdem er einen Spaziergang, wie eben jetzt, gemacht, an jener Wand hatte sein Tisch gestanden, in dessen Schublade (ящик /стола/) er seine ersten innigen und hilflosen (беспомощные) Verse verwahrt (хранил, сохранял) hatte... Der Walnussbaum... Eine stechende Wehmut durchzuckte ihn (колющая грусть пронизала его; zucken – вздрагивать, подергиваться, трепетать, биться; durchzucken – пронзить; stechen – колоть; жалить). Er blickte seitwärts durchs Fenster hinaus. Der Garten lag wüst (пустынный, необитаемый), aber der alte Walnussbaum stand an seinem Platze, schwerfällig knarrend und rauschend im Winde. Und Tonio Kröger ließ die Augen auf das Buch zurückgleiten, das er in Händen hielt, ein hervorragendes Dichtwerk (выдающееся поэтическое, литературное произведение) und ihm wohlbekannt (хорошо известное). Er blickte auf diese schwarzen Zeilen und Satzgruppen nieder, folgte eine Strecke dem kunstvollen Fluss des Vortrags (искусному течению рассказа: «доклада, дискурса»), wie er in gestaltender (gestalten – придавать вид, оформлять; die Gestalt – фигура; форма, вид, образ) Leidenschaft sich zu einer Pointe und Wirkung erhob (как он, в своей формирующей страсти, поднимался к кульминационной точке и воздействию /на читателя/) und dann effektvoll absetzte (а потом эффектно шел на спад)...

2 «Ja, das ist gut gemacht», sagte er, stellte das Dichtwerk weg und wandte sich. Da sah er, dass der Beamte noch immer aufrecht stand und mit einem Mischausdruck (со смешанный выражением) von Diensteifer (служебного усердия) und nachdenklichem Misstrauen (задумчивого недоверия) seine Augen zwinkern (мигать) ließ.

3 «Eine ausgezeichnete Sammlung, wie ich sehe», sagte Tonio Kröger. «Ich habe schon einen Überblick gewonnen (общее представление я уже получил). Ich bin Ihnen sehr verbunden (весьма вам обязан). Adieu (до свидания).» Damit ging er zur Tür hinaus; aber es war ein zweifelhafter Abgang (сомнительный уход /действующего лица со сцены/), und er fühlte deutlich, dass der Beamte, voller Unruhe über diesen Besuch, noch minutenlang stehen und zwinkern würde.

4 Er spürte keine Neigung, noch weiter vorzudringen (проникнуть). Er war zu Hause gewesen. Droben, in den großen Zimmern hinter der Säulenhalle, wohnten fremde Leute, er sah es; denn der Treppenkopf war durch eine Glastür verschlossen, die ehemals nicht dagewesen war, und irgendein Namensschild war daran. Er ging fort, ging die Treppe hinunter, über die hallende Diele, und verließ sein Elternhaus. In einem Winkel eines Restaurants nahm er in sich gekehrt (погруженный в свои мысли; kehren – поворачивать) eine schwere und fette Mahlzeit ein (съел тяжелый жирный обед; die Mahlzeit – еда, трапеза; eine Mahlzeit einnehmen – кушать /книжн./) und kehrte dann ins Hotel zurück.

 

1 Hier war das Frühstückszimmer gewesen. Man hatte hier morgens gefrühstückt, nicht droben im großen Esssaal, wo aus der blauen Tapete weiße Götterstatuen hervortraten... Das dort hatte als Schlafzimmer gedient. Seines Vaters Mutter war dort gestorben, so alt sie war, unter schweren Kämpfen, denn sie war eine genussfrohe Weltdame und hing am Leben. Und später hatte dort sein Vater selbst den letzten Seufzer getan, der lange, korrekte, ein wenig wehmütige und nachdenkliche Herr mit der Feldblume im Knopfloch... Tonio hatte am Fußende seines Sterbebettes gesessen, mit heißen Augen, ehrlich und gänzlich hingegeben an ein stummes und starkes Gefühl, an Liebe und Schmerz. Und auch seine Mutter hatte am Lager gekniet, seine schöne feurige Mutter, ganz aufgelöst in heißen Tränen; worauf sie mit dem südlichen Künstler in blaue Fernen gezogen war... Aber dort hinten, das kleinere, dritte Zimmer, nun ebenfalls ganz mit Büchern angefüllt, die ein dürftiger Mensch bewachte, war lange Jahre hindurch sein eigenes gewesen. Dorthin war er nach der Schule heimgekehrt, nachdem er einen Spaziergang, wie eben jetzt, gemacht, an jener Wand hatte sein Tisch gestanden, in dessen Schublade er seine ersten innigen und hilflosen Verse verwahrt hatte... Der Walnussbaum... Eine stechende Wehmut durchzuckte ihn. Er blickte seitwärts durchs Fenster hinaus. Der Garten lag wüst, aber der alte Walnussbaum stand an seinem Platze, schwerfällig knarrend und rauschend im Winde. Und Tonio Kröger ließ die Augen auf das Buch zurückgleiten, das er in Händen hielt, ein hervorragendes Dichtwerk und ihm wohlbekannt. Er blickte auf diese schwarzen Zeilen und Satzgruppen nieder, folgte eine Strecke dem kunstvollen Fluss des Vortrags, wie er in gestaltender Leidenschaft sich zu einer Pointe und Wirkung erhob und dann effektvoll absetzte...

2 «Ja, das ist gut gemacht», sagte er, stellte das Dichtwerk weg und wandte sich. Da sah er, dass der Beamte noch immer aufrecht stand und mit einem Mischausdruck von Diensteifer und nachdenklichem Misstrauen seine Augen zwinkern ließ.

3 «Eine ausgezeichnete Sammlung, wie ich sehe», sagte Tonio Kröger. «Ich habe schon einen Überblick gewonnen. Ich bin Ihnen sehr verbunden. Adieu.» Damit ging er zur Tür hinaus; aber es war ein zweifelhafter Abgang, und er fühlte deutlich, dass der Beamte, voller Unruhe über diesen Besuch, noch minutenlang stehen und zwinkern würde.

4 Er spürte keine Neigung, noch weiter vorzudringen. Er war zu Hause gewesen. Droben, in den großen Zimmern hinter der Säulenhalle, wohnten fremde Leute, er sah es; denn der Treppenkopf war durch eine Glastür verschlossen, die ehemals nicht dagewesen war, und irgendein Namensschild war daran. Er ging fort, ging die Treppe hinunter, über die hallende Diele, und verließ sein Elternhaus. In einem Winkel eines Restaurants nahm er in sich gekehrt eine schwere und fette Mahlzeit ein und kehrte dann ins Hotel zurück.

 

1 «Ich bin fertig», sagte er zu dem feinen Herrn in Schwarz. «Ich reise heute Nachmittag.» Und er bestellte seine Rechnung sowie den Wagen, der ihn an den Hafen bringen sollte, zum Dampfschiff nach Kopenhagen. Dann ging er auf sein Zimmer und setzte sich an den Tisch, saß still und aufrecht, indem er die Wange in die Hand stützte und mit blicklosen Augen (невидящим взглядом) auf die Tischplatte niedersah. Später beglich er seine Rechnung (расплатился по счету; begleichen – платить, оплачивать, погашать /книжн./) und machte seine Sachen bereit. Zur festgesetzten Zeit ward der Wagen gemeldet, und Tonio Kröger stieg reisefertig hinab.

2 Drunten, am Fuße der Treppe, erwartete ihn der feine Herr in Schwarz.

3 «Um Vergebung (прошу прощения; um Vergebung bitten)!» sagte er und stieß mit den kleinen Fingern seine Manschetten in die Ärmel zurück... «Verzeihen Sie, mein Herr, dass wir Sie noch eine Minute in Anspruch nehmen (занять /о времени/) müssen. Herr Seehaase – der Besitzer des Hotels – ersucht Sie um eine Unterredung von zwei Worten (/ um etwas / ersuchen – просить /о чем-либо/ /книжн./; die Unterredung – беседа, разговор /служебный/). Eine Formalität... Er befindet sich dort hinten... Wollen Sie die Güte haben (не будете ли вы так добры), sich mit mir zu bemühen (пройти со мною; sich bemühen – приложить, затратить усилия; die Mühe – усилия)... Es ist nur Herr Seehaase, der Besitzer des Hotels.»

4 Und er führte Tonio Kröger unter einladendem Gestenspiel (жестами приглашая; die Geste – жест) in den Hintergrund (в глубь) des Vestibüls. Dort stand in der Tat Herr Seehaase. Tonio Kröger kannte ihn von Ansehen (с виду, визуально) aus alter Zeit. Er war klein, fett und krummbeinig. Sein geschorener Backenbart (подстриженные бакенбарды; die Backe – щека; scheren – стричь, подстригать) war weiß geworden; aber noch immer trug er eine weit ausgeschnittene Frackjacke (очень открытый: «с глубоким вырезом» фрак) und dazu ein grüngesticktes Samtmützchen (бархатную шапочку с зеленой вышивкой; sticken – вышивать; der Samt – бархат). Übrigens war er nicht allein. Bei ihm, an einem kleinen, an der Wand befestigten Pultbrett (у конторки; das Pult – пульт, пюпитр), stand, den Helm auf dem Kopf, ein Polizist, welcher seine behandschuhte Rechte (правая рука в перчатке; der Handschuh – перчатка) auf einem bunt beschriebenen Papier ruhen ließ, das vor ihm auf dem Pulte lag, und Tonio Kröger mit seinem ehrlichen Soldatengesicht so entgegensah, als erwartete er, dass dieser bei seinem Anblick in den Boden versinken müsse.

5 Tonio Kröger blickte von einem zum andern und verlegte sich aufs Warten (приготовился, настроился ждать; sich auf etwas verlegen – старательно заниматься чем-либо, предаться чему-либо).

 

1 «Ich bin fertig», sagte er zu dem feinen Herrn in Schwarz. «Ich reise heute Nachmittag.» Und er bestellte seine Rechnung sowie den Wagen, der ihn an den Hafen bringen sollte, zum Dampfschiff nach Kopenhagen. Dann ging er auf sein Zimmer und setzte sich an den Tisch, saß still und aufrecht, indem er die Wange in die Hand stützte und mit blicklosen Augen auf die Tischplatte niedersah. Später beglich er seine Rechnung und machte seine Sachen bereit. Zur festgesetzten Zeit ward der Wagen gemeldet, und Tonio Kröger stieg reisefertig hinab.

2 Drunten, am Fuße der Treppe, erwartete ihn der feine Herr in Schwarz.

3 «Um Vergebung!» sagte er und stieß mit den kleinen Fingern seine Manschetten in die Ärmel zurück... «Verzeihen Sie, mein Herr, dass wir Sie noch eine Minute in Anspruch nehmen müssen. Herr Seehaase – der Besitzer des Hotels – ersucht Sie um eine Unterredung von zwei Worten. Eine Formalität... Er befindet sich dort hinten... Wollen Sie die Güte haben, sich mit mir zu bemühen... Es ist nur Herr Seehaase, der Besitzer des Hotels.»

4 Und er führte Tonio Kröger unter einladendem Gestenspiel in den Hintergrund des Vestibüls. Dort stand in der Tat Herr Seehaase. Tonio Kröger kannte ihn von Ansehen aus alter Zeit. Er war klein, fett und krummbeinig. Sein geschorener Backenbart war weiß geworden; aber noch immer trug er eine weit ausgeschnittene Frackjacke und dazu ein grüngesticktes Samtmützchen. Übrigens war er nicht allein. Bei ihm, an einem kleinen, an der Wand befestigten Pultbrett, stand, den Helm auf dem Kopf, ein Polizist, welcher seine behandschuhte Rechte auf einem bunt beschriebenen Papier ruhen ließ, das vor ihm auf dem Pulte lag, und Tonio Kröger mit seinem ehrlichen Soldatengesicht so entgegensah, als erwartete er, dass dieser bei seinem Anblick in den Boden versinken müsse.

5 Tonio Kröger blickte von einem zum andern und verlegte sich aufs Warten.

 

1 «Sie kommen von München?» fragte endlich der Polizist mit einer gutmütigen und schwerfälligen Stimme.

2 Tonio Kröger bejahte dies (ответил на это утвердительно).

3 «Sie reisen nach Kopenhagen?»

4 «Ja, ich bin auf der Reise in ein dänisches Seebad (приморский курорт).»

5 «Seebad? – Ja, Sie müssen mal Ihre Papiere vorweisen (предъявить)», sagte der Polizist, indem er das letzte Wort mit besonderer Genugtuung (удовлетворение) aussprach.

6 «Papiere...» Er hatte keine Papiere. Er zog seine Brieftasche hervor und blickte hinein; aber es befand sich außer einigen Geldscheinen nichts darin als die Korrektur einer Novelle, die er an seinem Reiseziel zu erledigen gedachte (gedenken – помнить; думать, намереваться, собираться /высок./). Er verkehrte nicht gern mit Beamten (не любил иметь дело с чиновниками; mit jemandem verkehren – поддерживать отношения, знакомство) und hatte sich noch niemals einen Pass ausstellen (выправить, выписать; ausstellen – выдавать, выписывать, оформлять /документ/) lassen...

7 «Es tut mir Leid», sagte er, «aber ich führe keine Papiere bei mir.»

8 «So?» sagte der Polizist... «Gar keine? – Wie ist Ihr Name?»

9 Tonio Kröger antwortete ihm.

10 «Ist das auch wahr?!» fragte der Polizist, reckte sich auf (вытянулся, выпрямился) und öffnete plötzlich seine Nasenlöcher, so weit er konnte...

11 «Vollkommen wahr», antwortete Tonio Kröger.

12 «Was sind Sie denn?»

13 Tonio Kröger schluckte hinunter (проглотил слюну) und nannte mit fester Stimme sein Gewerbe (ремесло). – Herr Seehaase hob den Kopf und sah neugierig in sein Gesicht empor.

14 «Hm!» sagte der Polizist. «Und Sie geben an (angeben – указывать, сообщать, давать показания), nicht identisch zu sein mit einem Individium namens (по имени) –» Er sagte «Individium» und buchstabierte (сказал по буквам; der Buchstabe – буква) dann aus dem buntbeschriebenen Papier einen ganz verzwickten (запутанное, сложное) und romantischen Namen zusammen, der aus den Lauten verschiedener Rassen abenteuerlich gemischt erschien und den Tonio Kröger im nächsten Augenblick wieder vergessen hatte. «– Welcher», fuhr er fort, «von unbekannten Eltern und unbestimmter Zuständigkeit (о котором неизвестно, ни кто его родители, ни где живет и чем занимается; der Zustand – состояние, положение; /für etwas/ zuständig – компетентный, уполномоченный, отвечающий /за что-либо/; die Zuständigkeit – компетентность) wegen verschiedener Betrügereien (die Betrügerei – мошенничество; der Betrüger – мошенник; betrügen – обманывать) und anderer Vergehen (противозаконное действие, преступление) von der Münchener Polizei verfolgt wird und sich wahrscheinlich auf der Flucht nach Dänemark befindet (намерен бежать, пробирается в Данию; die Flucht – бегство, побег; fliehen – спасаться бегством)?»

15 «Ich gebe das nicht nur an», sagte Tonio Kröger und machte eine nervöse Bewegung mit den Schultern. – Dies rief einen gewissen Eindruck hervor.

16 «Wie? Ach so, na gewiss!» sagte der Polizist. «Aber dass Sie auch gar nichts vorweisen können (но как же вы это так, ничего не можете предъявить)!»

17 Auch Herr Seehaase legte sich beschwichtigend ins Mittel (умиротворяюще вмешался; sich für jemanden ins Mittel legen – вступаться за кого-либо, вмешиваться /высок. устар./; beschwichtigen – успокаивать, унимать, умиротворять).

18 «Das Ganze ist eine Formalität», sagte er, «nichts weiter! Sie müssen bedenken

(принять во внимание), dass der Beamte nur seine Schuldigkeit tut (исполяет долг). Wenn Sie sich irgendwie legitimieren (узаконить, утвердить; удостоверить /личность/; legitím – законный) könnten... Ein Papier...»

19 Alle schwiegen. Sollte er der Sache ein Ende machen, indem er sich zu erkennen gab, indem er Herrn Seehaase eröffnete, dass er kein Hochstapler (авантюрист) von unbestimmter Zuständigkeit sei, von Geburt kein Zigeuner im grünen Wagen, sondern der Sohn Konsul Krögers, aus der Familie der Kröger? Nein, er hatte keine Lust dazu. Und waren diese Männer der bürgerlichen Ordnung nicht im Grunde ein wenig im Recht (не так уж не правы)? Gewissermaßen (в какой-то степени) war er ganz einverstanden mit ihnen... Er zuckte die Achseln (пожал плачами; zucken – дернуть) und blieb stumm.

 

1 «Sie kommen von München?» fragte endlich der Polizist mit einer gutmütigen und schwerfälligen Stimme.

2 Tonio Kröger bejahte dies.

3 «Sie reisen nach Kopenhagen?»

4 «Ja, ich bin auf der Reise in ein dänisches Seebad.»

5 «Seebad? – Ja, Sie müssen mal Ihre Papiere vorweisen», sagte der Polizist, indem er das letzte Wort mit besonderer Genugtuung aussprach.

6 «Papiere...» Er hatte keine Papiere. Er zog seine Brieftasche hervor und blickte hinein; aber es befand sich außer einigen Geldscheinen nichts darin als die Korrektur einer Novelle, die er an seinem Reiseziel zu erledigen gedachte. Er verkehrte nicht gern mit Beamten und hatte sich noch niemals einen Pass ausstellen lassen...

7 «Es tut mir Leid», sagte er, «aber ich führe keine Papiere bei mir.»

8 «So?» sagte der Polizist... «Gar keine? – Wie ist Ihr Name?»

9 Tonio Kröger antwortete ihm.

10 «Ist das auch wahr?!» fragte der Polizist, reckte sich auf und öffnete plötzlich seine Nasenlöcher, so weit er konnte...

11 «Vollkommen wahr», antwortete Tonio Kröger.

12 «Was sind Sie denn?»

13 Tonio Kröger schluckte hinunter und nannte mit fester Stimme sein Gewerbe. – Herr Seehaase hob den Kopf und sah neugierig in sein Gesicht empor.

14 «Hm!» sagte der Polizist. «Und Sie geben an, nicht identisch zu sein mit einem Individium namens –» Er sagte «Individium» und buchstabierte dann aus dem buntbeschriebenen Papier einen ganz verzwickten und romantischen Namen zusammen, der aus den Lauten verschiedener Rassen abenteuerlich gemischt erschien und den Tonio Kröger im nächsten Augenblick wieder vergessen hatte. «– Welcher», fuhr er fort, «von unbekannten Eltern und unbestimmter Zuständigkeit wegen verschiedener Betrügereien und anderer Vergehen von der Münchener Polizei verfolgt wird und sich wahrscheinlich auf der Flucht nach Dänemark befindet?»

15 «Ich gebe das nicht nur an», sagte Tonio Kröger und machte eine nervöse Bewegung mit den Schultern. – Dies rief einen gewissen Eindruck hervor.

16 «Wie? Ach so, na gewiss!» sagte der Polizist. «Aber dass Sie auch gar nichts vorweisen können!»




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