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Wer klopft an Franzens Tür? Künstler, Krieger, Scharlatane und andere Besucher in Dessau und Wörlitz

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  1. Beziehung zu anderen IS

Unter den Beständen des Landeshauptarchivs Sachen-Anhalt, Abteilung Dessau befindet sich ein Besucherbuch des Dessauer Schlosses. Dieses Besucherbuch ist die handschriftliche Kopie [1] eines Besucherbuchs vom Anfang des 19. Jahrhunderts, das auch als Fremden-Liste bezeichnet wurde und sich im Besitz des ehemaligen herzoglichen Hauses befand. Beim Schlossbrand 1945 wurde es vernichtet. Die Abschrift ist glücklicherweise bereits 1929 von Reinhold Specht angefertigt worden, der damals Archivrat am Anhaltischen Staatsarchiv in Zerbst war.

Im Vorwort wird die Enstehung erläutert: Die Fremden-Liste dokumentiert sämtliche Gäste, welche in 36 Jahren, genau vom 10. März 1770 bis zum 7. September 1806 von Fürst Franz am Hof empfangen worden sind. Der Hofmarschall Carl Emilaius von Glafey führte die Liste indem er die Namen der Besucher auf einzelnen Papiere schrieb, die nach seinem Tod von seinem Sohn, dem herzoglichen Oberstallmeister, zusammengetragen und geordnet wurden. Dieser bemerkte zu seiner Arbeit, dass viele Namen von seinem Vater anscheinend nicht richtig geschrieben wurden, dass er sie jedoch nicht korrigiert habe, weil ja „bey Anfertigung der Original-Listen wohl die Visiten-Charten vorgelegen haben müssen“.

Auf das Vorwort des Oberstallmeisters folgt die Auflistung der Fremden in chronologischer Folge. Dies ist der umfangreichste Teil des Buches. In einem zweiten Teil sind in mehreren Tabellen alle Besuche summarisch erfasst. Die Berechnungen dazu stellte Glafey am 12. September 1835 an. In einer Tabelle zählt er die Fremden eines jeden Monats und addiert sie dann für das ganze Jahr. In eine zweite Tabelle sind allein die Jahressummen übertragen. Am Ende steht die Summe von 6348 Besuchern. Zählt man alles nochmals nach, dann ergibt sich eine abweichende Anzahl von 6448, genau einhundert mehr, womit allerdings die Zahl der empfangenen Besuche und nicht die der Besucher gemeint ist. Den dritten und letzten Teil des Besucherbuches bildet ein Register aller erwähnten Personen. Dieses ist zwar nach den ersten Buchstaben alphabetisch geordnet, aber danach alphabetisch nicht konsequent fortgeführt. Zu jedem Namen findet man die Verweise auf die entsprechenden Seiten des Buchs.

Um über die Besuche in Dessau und Wörlitz mehr als nur, dass sie gemacht worden sind, aussagen zu können, haben wir als erstes versucht, die Informationen quantitativ zu erfassen. Die Tabellen haben wir folgendermaßen interpretiert: 1. Die Anahl der Besucher steigt in der Zeit von 1770 bis 1806 stetig an. Die Jahre 1790 (346 Besuche), 1800 (300) und 1802 (297) sind mit Abstand die Jahre mit den eisten Besuchen. 3. Die Jahre 1770 (65 Besuche), 1791 (33), 1793 (25) und 1798 (65) sind die Jahre mit den wenigsten Besuchern. In diesen Jahren sind jeweils in sieben aufeinander folgenden Monaten keine Besucher verzeichnet. 4. Die Monate Mai bis September sind in der Regel deutlich reicher an Besuchern als die Monate Oktober bis April.

Dagegen waren die Namen der Fremden-Liste nicht ohne Schwierigkeiten auszuwerten. Vor allem die fehlenden Vornamen sowohl in der chronologischen Liste als auch im Personenregister erschwerten unser Bemühen die Personen zu identifizieren. Dazu kamen die Unsicherheiten in Bezug auf die richtige Schreibweise der Namen. Wegen der fehlenden Vornamen konnten wir in vielen Fällen, besonders mit häufig vorkommenden Nachnamen, die Person nicht eindeutig identifizieren. Lediglich anhand der Lebensdaten konnten wir feststellen, welcher Personenkreis in Frage kommen könne. Die Liste fängt im Jahr 1770 an, und endet im Jahr 1806; wir gingen vom Mindestalter von 20 Jahren als „handlungsfähigem“ Alter aus, und beschränkten daher unsere Suche auf Persönlichkeiten aus den Jahrgängen von 1750 bis 1786.

Die im Register genannten Personen haben wir nach dem Klang ihrer Namen in verschiedene nationale Kategorien eingeteilt. Selbstverständlich existierten die Nationen, denen wir die Besucher im folgenden zuordnen, zur Zeit von Fürst Franz noch nicht in ihrer heutigen Form, aber der vorläufigen Verständlichkeit halber haben wir die Form so gewählt. Wir hielten also11 Personen aus Russland bzw. dem russischen Sprachgebiet fest, dem entsprechend 15 Holländer, 23 Spanier, Portugiesen oder Italiener, 26 Polen, 126 Franzosen oder Belgier, 147 Engländer oder Amerikaner und 789 Deutsche. Das macht zusammen 1137 Besucher oder 6448 Besuche. (siehe Diagramm)

Unser Misstrauen gegenüber dem bloßen Klang der Namen führte zu genaueren Daten. Denn die als englisch vorkommende Namen stellten sich in einigen Fällen als dänische (Ewald), als holländische (Goes), deutsche (Iffland), französische (Larrey) usw. heraus. Von uns als deutsch eingeschätzte Namen entpuppten sich als französisch, niederländisch, etc. Dazu kommt: Wenn von Besuchern gesprochen wird, so sind damit bis auf wenige Ausnahmen männliche Personen gemeint. Aufgrund ihrer gesellschaftlichen Rolle sind Frauen im Gästebuch weniger häufig vertreten; der größere Teil von ihnen ist adelig.

Die deutschen Besucher haben wir in verschiedene Gruppen aufgeteilt. 148 von ihnen sind Nichtadlige, insbesondere Schriftsteller, Philosophen und Künstler, 55 Personen sind königlicher Abstammung, Prominente oder auch Vorfahren späterer Prominenter, bis ins 20. Jahrhundert hinein. Fünfzehn Personen machten Fürst Franz ihre Aufwartung besonders häufig, das heißt dass sie mindestens 13 Mal zu Besuch waren; der im Schloss häufigste Gast war ein gewisser Krosigk, der 40 mal zu Besuch kam. - Noch heute existieren in der Nähe von Halle (Saale) eine Ortschaft und ein Gut Krosigk. - Zum Vergleich: Die Anzahl der Besuche der anderen besonders häufigen Gäste lag zwischen 13 und 25.

Von 126 Personen, die wir dem Namen nach als Franzosen ausgewiesen haben, konnten mit Hilfe des Dictionnaire de biographie française und der Nouvelle Biographie Générale 34 identifiziert werden. Sechs davon stellten sich als Schweizer, Engländer und Deutsche heraus. Ihre Berufe waren Philosoph, Antiquar, Wissenschaftler, Pädagoge, Schriftsteller, Philologe, Künstler. Es waren Geistliche, Staats- und Edelmänner darunter, vor allem aber Militärangehörige darunter. Nur in den seltensten Fällen wurde in den biographischen Artikeln der Aufenthalt einer bestimmten Person in Deutschland erwähnt. Bei den Personen des Militärs handelte es sich dann um militärische Kampagnen.

Hinter zwei der französischen Namen verbergen sich möglicherweise besonders interessante Persönlichkeiten. Der Nachname „Constante de Rebeque“ führte zu zwei Herren. Der erste, David-Louis-Constante de Constant de Rebecque (1722-1785), war ein Feldmarschall, in dessen Biographie keine Beziehungen zum deutschen Raum zu erkennen sind. Der zweite, Benjamin Constante (1767- 1830), war ein oppositioneller, liberaler Politiker und einer der wenigen Publizisten in Europa, der das parlamentarische System gut kannte. Ab 1818 war er der Führer der liberalen Opposition in Paris. Zwischen 1802 und 1808 hat er eine Reise nach Deutschland unternommen und sich in Weimar aufgehalten. Er lernte dort Wieland, die Brüder Schlegel, Schiller und Goethe kennen.[2] Goethe, Wieland und Schlegel stehen auch in der Besucherliste, und Benjamin Constante steht sogar auf der Seite des Besucherbuches, auf der auch einer Brüder Schlegel vermerkt ist. (S.147). Somit ist sein Aufenthalt im Dessauer Schloss von sehr hoher Wahrscheinlichkeit.

Für einen zweiten französischen Namen – Lebrun – boten die Lexika insgesamt sieben mögliche Zeitgenossen des Fürsten Franz an. Darunter sticht wiederum Elisabeth Vigée-Lebrun (1755-1842) hervor. Sie war die gefeiertste Malerin ihrer Zeit, die an allen großen Höfen in Europa weilte, dort Familienportraits oder Portraits einzelner großer Frauen der Zeit malte.




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